Schon als Kind war Teresa dem Himmel etwas näher als andere Spanier. Schließlich ist Ávila die höchstgelegene Provinzhauptstadt des Landes: ein Bollwerk katholischen Glaubens, umgeben von Spaniens schönster Stadtmauer, einem zwei Kilometer langen und von 88 Türmen gekrönten Steinring.
Hier wurde Teresa 1515 als drittes von zehn Kindern geboren. An der Stelle ihres Geburtshauses steht heute ein Karmeliterkloster samt Kirche, die auch als Museum dient – ausgestattet mit Reliquien wie dem Wanderstab der Heiligen, ihrem Ringfinger und einer ihrer Sandalen. Wie die ganze Altstadt gehört das Kloster zum Unesco-Welterbe.
Etwas außerhalb der Stadt liegt das Kloster „La Encarnación“ (Menschwerdung), in das Teresa 1535 eintrat. Schon als 16-Jährige hatte sie nach dem Tod der Mutter auf Bitten des Vaters in Ávila erstmals Klosterluft geschnuppert. Doch auf Dauer in einem Konvent zu leben – das konnte sich die selbstbewusste junge Frau noch nicht vorstellen. Teresa wurde krank und kehrte in ihr Elternhaus zurück.
Später sperrte sich ihr Vater gegen einen erneuten Klostereintritt. 1537 legte sie trotzdem im Kloster der Menschwerdung, wo es heute ebenfalls ein Museum gibt, ihr Gelübde ab, verpflichtete sich zu Gehorsam, Armut und Keuschheit. Zwar hatte sie versprochen, Gott ganz zu dienen, doch noch war sie zu selbstverliebt. Wieder wurde sie krank, sodass sie ihr Vater zu einer Heilerin nach Becedas brachte.
Schwerste Bewährungsprobe
Dort verliebte sie sich in den Pfarrer. Dieser gestand ihr schließlich, ein Verhältnis mit einer anderen Frau zu haben. Als sich der Geistliche von seiner Geliebten trennte, kam für Teresa die wohl schwerste Bewährungsprobe. „Es gab Augenblicke“, schrieb sie in ihrer Biografie, „wo es zu schweren Verfehlungen gegen Gott hätte kommen können, wenn wir ihn nicht sehr vor Augen gehabt hätten.“ Als der Pfarrer starb, verschlimmerten sich Teresas Leiden. 1539 kehrte sie ins Kloster nach Ávila zurück, wo sie ins Koma fiel. Um ein Haar wäre sie lebendig begraben worden. Zeitweise gelähmt, konnte Teresa jahrelang kaum gehen. Ein Bild mit dem leidenden Christus brachte die Wende. Der Schmerzensmann hatte sie tief berührt.
Im Oktober 1560 traf sie sich mit ein paar Mitstreiterinnen in ihrer Zelle, um den Orden der Unbeschuhten Karmeliter zu gründen. „Es genügt Gott, wenn wir in einer Stunde das Vaterunser nur einmal beten“, predigte sie ihren Mitschwestern und wandte sich damit gegen stundenlange Bußübungen und Geißelungen im Kloster der Menschwerdung. „Wichtig ist, daran zu denken, dass er uns nahe ist.“
Ein Holzkeil als Kissen
1562 gründete Teresa in Ávila ihr erstes Kloster zu Ehren des heiligen Josef, das sie aber bald wieder verlassen musste. Die Zelle, in der sie damals gelebt haben soll, und den Holzkeil, der ihr einst als Kissen diente, zeigt man heute Touristen. Teresas Klostergründung sollten weitere folgen. Viele gibt es noch heute: in Toledo etwa, wo am Plaza de Santa Teresa de Jesús noch immer Schwestern nach ihren Regeln leben.
Meist übernahm Teresa bei ihren Klostergründungen fertige Bauten. Eine der Ausnahmen ist Malagón, wo sie 1568 ihr drittes Kloster von einem Architekten errichten ließ. Den Platz, erzählt die Legende, habe eine Taube gefunden, die sich in einem Ölbaum niederließ. Dutzende von Ex Votos – Wachsteile, die Pilger hierher gebracht haben – erinnern an die Kraft der Heiligen. Als Brüste, Arme oder Füße sind sie geformt. Als Zeichen des Dankes, dass Teresa bei Kinderwünschen, Arm- oder Beinbrüchen geholfen hat.
Kostbarer Schrein
In Alba de Tormes ist Teresa begraben. Als die Heilige auf ihrer Rückreise von Burgos, ihrer letzten Klostergründung, war, wurde sie zur Herzogin von Alba geschickt, um ihr bei der Geburt ihres Kindes beizustehen. Schwerstkrank kam sie dort an, knapp zwei Wochen später starb sie. Ihr kostbarer Schrein in der Klosterkirche ist heute Ziel vieler Zehntausend Wallfahrer jährlich. Ihr Herz und Arm werden als Reliquien verehrt.
Sehenswert ist auch der Klosterschatz: Messbücher vom Feinsten, mit Edelsteinen besetzte Monstranzen und Kreuze, goldene Leuchter und silberne Kerzenständer neben Messgewändern aus schwerem Brokat. Auch die Zelle, in der Teresa am 4. Oktober 1582 starb, zeigt man in Alba de Tormes.
„Caminos Teresianos“
Ein rund 107 Kilometer langer Wanderweg verbindet Teresas Geburtsort Ávila mit Alba de Tormes. Ausgeschildert ist er mit roten Pfeilen. Eine weitere Route führt in knapp sechs Stunden von Salamanca, wo die Heilige 1922 die Ehrendoktorwürde der Universität erhielt, zur Grabstätte. Beide Routen firmieren als „Caminos Teresianos“.
Zahlreiche spanische Städte, die mit dem Leben und Wirken der heiligen Teresa verbunden sind, haben sich zu einer touristischen Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen: „Huellas de Teresa de Jesús“ (Fußabdrücke der Teresa von Jesus). Zu den beteiligten Orten gehören neben Ávila Medina del Campo, Malagón, Valladolid, Toledo, Salamanca, Alba de Tormes, Segovia, Sevilla und Burgos.
Pilger oder Touristen, die sich auf die Spuren der Heiligen begeben, können sich in den Tourismusämtern der Städte und Dörfer ein sogenanntes Credencial, eine Art Pilgerpass, abstempeln lassen. Wer mindestens vier teresianische Stätten besucht hat, erhält im Besucherzentrum in Ávila eine Urkunde.
Günter Schenk